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12.8.2019

Borderline-Syndrom

Kennen Sie den kürzesten Manta-Witz? „Steht ein Manta vor der Uni.“ Na gut, wenn Sie ein junger Mensch sind, sagt Ihnen das wahrscheinlich nichts mehr. Deshalb gibt es jetzt die getunte Update-Version Manta 2.0: „Besucht ein PDS-Funktionär ein Grenzlandmuseum.“ Jetzt hat 's gefunkt, nicht wahr? Bruhaha, da liegen Sie unter dem Tisch vor lachen und können sich gar nicht mehr einkriegen. Doch gemach: Das ist nicht witzig! Das ist Realität: Als eine seiner letzten Amtshandlungen erwies Bodo Ramelow, der wo noch bis Herbst boah krass voll goil Ministerpräsident von Thüringen machen tut, am 25. Juli dem Grenzlandmuseum Eichsfeld in Teistungen die zweifelhafte Ehre seiner Aufwartung. Derselbe Ramelow, der vor 10 Jahren in der Südthüringer Zeitung verlautbarte: „Die Grenze war legitim. Die Mittel der Grenzsicherung waren es aus meiner Sicht nicht“. Mit diesem verharmlosenden, abwiegelnden Vogelschiss-Geschwafel erweist Ramelow sich als idealtypischer Funktionär antidemokratischer Parteien: Die „Mittel“ (welch hinreißender Euphemismus) dienten nicht der Grenzsicherung, sondern dazu, Menschen gewaltsam am Verlassen des Landes zu hindern - Grenzen werden nach außen gesichert, nicht nach innen. Ramelows der Volksverdummung dienende Verwendung des positiv konnotierten Begriffs „Grenzsicherung“ ist genauso verdreht wie der an der Grenze des Römischen Imperiums Wache schiebende, hoffnungslos überforderte Legionär in „Asterix und die Goten“, der permanent Invasionen wähnt, egal ob Goten Gallien verlassen oder Gallier nach Gallien heimkehren. Man beachte auch das aus Rücksicht auf die zarten Seelen seiner demokratie-traumatisierten, ostalgischen Parteikumpanen*innen eingeschobene, rührend feige „aus meiner Sicht“: Menschen vorsätzlich zu töten ist demnach nicht objektiv falsch, unrecht und verwerflich, sondern dies unterliegt ausschließlich der rein subjektiven Betrachtung, ist eine bloße höchstpersönliche Geschmacksfrage („Rosenkohl ist aus meiner Sicht unlecker“, Anm. d. Aut.).

Im selben Atemzug relativierte Ramelow diese „Mittel der Grenzsicherung“ durch die Behauptung: „Es gibt keinen schriftlichen Befehl zur direkten Tötung“ - so kann sich auch die Organisierte Kriminalität herausreden. Stattdessen meint er wohl, die Grenzsoldaten hätten nur aus Doofheit, infolge eines Missverständnisses auf Flüchtlinge geschossen, weil „die tägliche Vergatterung an den Waffen bei den Grenztruppen als Anordnung, mit eben selbiger Waffe den «Grenzdurchbruch» zu unterbinden, verstanden“ wurde. Das würden wir gerne mal erfahren, wie seine Partei, als sie noch SED heißen konnte, statt marketinggerecht via SED/PDS, PDS, Linkspartei.PDS zu „Die Linke“ zu verkommen, aus Genosse Bodos Sicht stattdessen hätte vorgehen sollen. Vielleicht hätte sie Republikflüchtlinge vor dem Grenzübertritt mit einem Strauß roter Nelken und einem Glas Rotkäppchen-Sekt angeplaudert: „Du, Karl-Heinz/Renate, das macht uns jetzt aber irgendwie echt unheimlich total betroffen, auch emotional und so, dass du unseren paradiesischen Arbeiter- und Bauernstaat verlassen möchtest. Ey du, lass uns doch mal darüber reden, du ey.“ Und siehe da: Nach einer gemeinsamen andächtigen Lesung aus Lenins Gesammelten Werken und der Überreichung eines von Alexander Schalck-Golodkowski handsignierten Forumschecks für den Intershop wären die Schutzsuchenden geläutert und reumütig in der DDR geblieben und hätten sich als IM beworben.

Einer geht noch: „Koalieren zwei demokratische Parteien mit der PDS.“ Bevor Sie jetzt wieder vom Stuhl kippen: Auch das ist kein Witz. Ganz im Gegenteil.

PS: Früher war doch alles besser: Während der verkürzten Bundestags-Legislaturperiode 2002 - 2005, als die PDS an der Fünfprozent-Hürde gescheitert war und lediglich zwei Direktmandate aus Berlin-Ost hatte, machte folgender Witz die Runde: „Was ist der Unterschied zwischen einem Manta und der PDS? Der Manta hat vier Sitze.“

PPS: Noch 'n Jux: Bislang kannte ich die Ramelow-Äußerungen, die 2009 hohe Wellen geschlagen hatten, lediglich aus der Erinnerung und aus Web-Berichten. Daher bat ich am 28. Juli die Südthüringer Zeitung (Suhl/Bad Salzungen) per Email, mir - gern gegen Kostenerstattung - den am 26.2.2009 erschienenen Artikel mit dem Ramelow-Gespräch zu übersenden. Erfreulicherweise erhielt ich bereits am nächsten Tag eine Antwort: Man bat mich, mitzuteilen, wofür ich den Artikel verwenden wolle, da dafür meist Kosten anfielen. Eigentlich war diese Frage von vornherein deplatziert: Ich hatte nicht gebeten, mir geheimste Betriebsinterna anzuvertrauen, um sie dann pfiffzublasen (oder wie das heutzutage heißt), sondern ich wollte ein Exemplar der Ware kaufen, welche die STZ Tag für Tag produziert und verkauft. Wenn man die tagesaktuelle Ausgabe am Kiosk holt, wird auch nicht gefragt, wozu man die Zeitung verwenden will. Dies wird ebenfalls nicht gefragt, wenn man im Spiegel-Archiv kostenlos eine Ausgabe von vor 10 Jahren liest. Da ich aber ein höflicher Mensch bin (vor allem, wenn ich was von jemandem will), antwortete ich natürlich sofort wie folgt: „In einer Satire, die ich derzeit für meine nicht-kommerzielle Webseite www.kampfschrift.de schreibe, zitiere ich Ramelows Aussagen zur ehemaligen Grenze. Bislang liegen mir lediglich damalige Presseveröffentlichungen vor. Ich möchte den exakten Wortlaut zitieren, wofür der Originaltext sehr hilfreich wäre.“ Es kam keine Antwort. Am 5. August erinnerte ich ritualhaft. Natürlich keine Reaktion. Das Ethos jedes Informationsmediums gebietet es doch, die Öffentlichkeit mit Informationen zu versorgen, und es gereicht ihm zur Ehre, anderweitig zitiert zu werden (im Spiegel gibt es den Rückspiegel). Warum also hat die STZ mir den Artikel vorenthalten? Drei mögliche Erklärungen: a) Die STZ ist zu bescheiden, b) der Artikel ist ausverkauft, c) real existierender demokratischer Sozialismus. Wie auch immer - Ramelow darf zufrieden sein mit der heutigen STZ. Vor 10 Jahren war er es noch nicht: www.bodo-ramelow.de/nc/tagebuch/tagebucharchiv-apr-2008-feb-2011/detail-tb/news/die-kalten-wahlkrieger-der-suedthueringer-zeitung/.

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