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6.10.2019

Knoff-hoff-Showeffekt

O Jahrhundert, o Wissenschaften, es ist eine Lust zu leben - auf jeden Fall seit dem 11. September, als die „Jenaer Erklärung“ der Rassenrechte veröffentlicht wurde, aus Anlass des 100. Todestages des berühmt-berüchtigten Biologen Ernst Haeckel (noch nie gehört), kurioserweise im Rahmen der Tagung eines zoologischen Fachverbandes - der nackte Affe. Dadurch wird uns Einfältigen endlich von kompetenter Stelle schwarz auf weiß Erleuchtung zuteil und Gewissheit darüber, was wir schon seit Längerem vage geahnt haben: Neger und Schlitzaugen sind nicht minderwertig. Gewissermaßen im eigenen Interesse nehme ich an, dass dieser Lehrsatz analog auch für käseweiße Langnasen gilt. Nach dem Willen der Jenaer Autoren soll deshalb der Begriff „Rasse“ aus dem allgemeinen Sprachgebrauch gestrichen werden, zumindest in der Wissenschaft.

In meinem Verständnis ist der - zweifellos ein bisschen angestaubt nach Brehms Tierleben klingende - Begriff „Rasse“ einfach eine Bezeichnung für die Großgruppen der mehr oder weniger Weißen, Schwarzen, Braunen, Gelben usw. Ob das Rasse oder Typus oder Menschenschlag oder sonst wie genannt wird, ist mir völlig einerlei. Ich dachte bislang: Es gibt doch auch Hunderassen. Behaupte ich damit, dass allein meine Chiwauwaus wertvolle Hunde seien, alle anderen aber minderwertig? (Vor allem American Pit Bull Terrier, Irish Setter, Afghanischer Windhund, Französische Bulldogge, Appen­zeller Sennenhund, Grønlandshund, Finnischer Lapphund, Österreichischer Kurzhaariger Pinscher, Bayerischer Gebirgsschweißhund - natürlich alles Ausländer.) Und meine graugestreiften Allerweltskatzen sind genauso herzallerliebst wie irgendwelche overstylten Perser und Maine Coons. Aber Vorsicht, ich plappere mich um Kopf und Kragen, denn das Haustier-Argument wird von den Jenaern schärfstens missbilligt, weil es sich um eines der „Denkschemata des biologisch begründeten Rassismus“ handelt. Welch Abgründe tun sich da in mir auf.

Obendrein bin ich maßlos naiv: Bislang glaubte ich, auf den mehr als offenkundigen Blödsinn von Vorbehalten und Ablehnung gegen Andersfarbige müsse nicht weiter eingegangen werden - Idioten tut man nicht die Ehre an. Man braucht auch nicht die Unsinnigkeit der im Kaiserstaat und NS-Staat kultivierten „Erbfeindschaft“ gegenüber Frankreich zu widerlegen, indem akribisch nachgewiesen würde, dass Franzosen auch Menschen sind (obwohl sie allesamt sich ausschließlich von Schnecken und Fröschen ernähren). Nichtsdestoweniger sind die Franzosen aber ein ganz spezielles Völkchen: Kürzlich ist im Gleichheitssatz der Verfassung das Wort „Rasse“ gestrichen worden, und in Schulformularen gibt es nicht mehr Mutter und Vater, sondern „Elternteil 1, Elternteil 2“ usw. Schon seit 25 Jahren ist zur Eindämmung unfranzösischer Überfremdung gesetzlich vorgeschrieben, dass mindestens 40 % der im Radio gesendeten Popmusik aus heimischem Anbau stammen muss. Man stelle sich vor, in Schland würde 40 % Unkrautrock gedudelt - ein Albtraum, da würde ich auswandern, wenn es sein muss nach Großbrexitannien oder Americamadegreatagain.

Doch meine schlichte Sichtweise geht völlig fehl: Es muss stattdessen weit ausgeholt werden, um den Rest der Menschheit, den die Jenaer anscheinend im geistigen Mittelalter wähnen, endlich in die Neuzeit zu zerren: „Nicht-Afrikaner unterscheiden sich von Menschen, die südlich der Sahara wohnen, vor allem in genetischen Spuren, welche die Verbindungen mit Neandertalern und Denisovanern hinterlassen haben. Allerdings ist der Anteil an Genen von Neandertalern und Denisovanern bei Ostasiaten und Gruppen in Ozeanien und Australien messbar höher als bei Europäern.“ Echt spannend: Was du ererbt von deinen Vätern*innen hast. Der „genetische Beitrag“ dieser Altvorderen werde von amerikanischen „White Supremacists“ (noch nie gehört. And who the hell are Denisovans?) herangezogen, um eine überlegene weiße Rasse zu definieren. Ich habe selbstverständlich nichts gegen Ausländer und empfinde tiefsten Respekt vor anderen Kulturen, aber weshalb müssen wir uns in Deutschland und Europa für die Kleinhirngespinste beknackter Amerikaner interessieren (zumindest solange sie keine höchsten Staatsämter bekleiden)? Die Existenz Greta Thunbergs ist doch der definitive Beweis, dass die weiße Rasse nicht überlegen ist. Ein bisschen geknickt bin ich allerdings, dass ich so wenig Neandertaler in mir habe, schließlich stammt er aus der Nähe von Düsseldorf. So wird uns auch das letzte bisschen urdeutsche Leitkultur genommen - ach ja, die Globalisierung.

Dass die Hautfarbe eines Khoisan aus Südafrika weniger pigmentiert ist als die von Menschen, die in Südostasien oder Südamerika entlang des Äquators leben, ist zwar hochinteressant, und das wollten wir schon immer mal wissen, aber einerseits ist dies völlig belanglos („In Weltgegend A gibt es weniger Menschen mit Schuhgröße 43 als in Weltgegend B.“), andererseits ist diese Darlegung aber auch ein bisschen degoutant, denn sie klingt wie eine Rechtfertigung, dass schwarze Afrikaner gar nicht so schlimm sind, sondern andere noch viel schlimmer; als wäre Pigmentierung ein Makel, etwas Negatives („In Land A gibt es weniger Antisemitismus als in Land B.“) Und weiter erfahren wir, dass die Hautfarbe hauptsächlich eine biologische Anpassung an den Grad der Sonneneinstrahlung widerspiegele und dementsprechend kontinuierlich mit der Strahlungsintensität auf der Erde variiere. Aha, ja und? Wenn die Hautfarbe hingegen nur Zufall wäre oder ein Spässken vom lieben Gott, wäre es auch in Ordnung. Doch nun geraten die Jenaer erst so richtig in Schwung und können mal zeigen, was sie alles gelernt haben: „Allein die Hautfarbe hat sich im Lauf der Migrationen des Menschen immer wieder verändert und ist dunkler und heller geworden je nach lokaler Sonneneinstrahlung oder Ernährungsweise. So waren die Menschen Mitteleuropas bis vor 8000 Jahren noch stark pigmentiert und erst mit Beginn der Landwirtschaft wanderten Menschen mit hellerer Hautfarbe aus Anatolien ein. Die stark pflanzenbasierte Kost der frühen Ackerbauern bevorzugte Individuen mit hellerer Haut, um im dunklen Winter Europas genügend Vitamin D in der Haut zu produzieren. Die helle Hautfarbe der Menschen im nördlichen Europa ist jünger als 5000 Jahre.“ Toll, alles fließt, und nichts ist beständiger als der Wandel. Klingt ein bisschen wie ihr großer Kollege Dr. Arno Lindemann von der Universität Wanne-Eickel, demzufolge auch kleine, dicke, langhaarige Hunde Freude an Fernsehsendungen für große, lange, kurzhaarige haben. Als krönender Abschluss wird so richtig geklotzt: Es gebe im menschlichen Genom unter den 3,2 Milliarden Basenpaaren keinen einzigen fixierten Unterschied, der Afrikaner von Nicht-Afrikanern trenne. Na, das ist doch schön. Übrigens glaubte ich bislang, ich hätte nur sechs. Basen. Also, das war jetzt ein Wortspiel, sollte ein Witz sein, zur Auflockerung.

Doch die Jenaer heben nicht allein auf die Hautfarbe ab, sondern auch auf die Haarfarbe und -struktur, ein im öffentlichen Diskurs bislang schmählich vernachlässigter Aspekt. Natürlich meinen Sie jetzt: Wieso, es gibt doch Blondinenwitze. Bravo, sehr originell, setzen! Nichtsdestoweniger haben Sie damit unbeabsichtigt den wunden Punkt getroffen. Wir müssen dieses heikle Thema hier einmal ungeschönt zur Sprache bringen: Die meisten Menschen sind dunkelhaarig, von indifferent bräunlich bis tiefschwarz. Nur wenige Prozent der Menschheit sind blond - zweifellos ein genetischer Defekt der weißen Rasse, schwerpunktmäßig anzutreffen in Gretaland (wo sonst). Dennoch stimmen sicherlich alle aufrechten Weißen, Schwarzen, Braunen, Gelben usw. mit mir überein, dass blonde Menschen nicht ausgegrenzt werden dürfen, sondern trotz ihres Andersseins vorurteilsfrei in die Gesellschaft integriert werden müssen. Und was die Haarstruktur betrifft: Gretas Zöpfe sind ungleich entsetzlicher als alle Dreadlocks.

Genau genommen ist in der „Jenaer Erklärung“ mit keinem Wort von den Gelben und Braunen die Rede, sondern ausschließlich von den Schwarzen. Die müssen wie üblich herhalten, denn sie sind und bleiben nun mal das Lieblingsobjekt und -projekt von Weißen mit arrogantem, entmündigenden, kolonialistischen Helfersyndrom. Japaner, Koreaner, Chinesen, Inder u. a. würden sich hingegen schön bedanken, wenn weiße Gutmenschen sie betutteln und in den fürsorglichen Würgegriff nehmen würden. Dies geht so weit, dass die alteingesessenen schwarzen Amerikaner, deren Vorfahren schon dort waren, als Familie Trumpf in der Pfalz noch nicht mal von Amerika wusste, es klaglos hinnehmen müssen, „Afroamerikaner“ geschimpft zu werden (sind damit auch die weißen Amerikaner nordafrikanischer Abstam­mung gemeint?), was im Klartext heißt: „Ihr seid nicht einfach amerikanische Bürger wie die Weißen (die niemand als „Euroamerikaner“ bezeichnet), sondern ihr werdet ausschließlich über eure Hautfarbe definiert, dieses Stigma werdet ihr niemals los, ihr seid die ewig Migrationshintergründigen, die armen, fernen Verwandten aus Afrika, die Zuagroasd'n, die nicht wirklich dazugehören - ihr seid eben anders.“

Vielleicht ist die „Jenaer Erklärung“ nur deshalb entstanden, weil die Autoren und ihre Zunftgenossen von Berufs wegen tagtäglich vor dem Problem stehen, dass ihre wissenschaftliche Tätigkeit praktisch wirkungslos ist. Sie bringt keine Ergebnisse nach außen hervor, es wird davon nichts in die tagtägliche Wirklichkeit der 7,7 Mrd. Menschen übertragen, diese haben nichts davon, im Gegensatz zu Mathematik, Physik, Chemie, Ingenieurwesen, Medizin, Pharmazie u. dgl. Die Jenaer gehören vielmehr zur Gattung derjenigen Wissenschaftler, die lediglich Vorhandenes beschreiben, statt handfestes Neues zu erschaffen: Germanisten, Ägyptologen, Kunsthistoriker, Taxifahrer (vulgo Soziologen) - und Astronomen. Sie forschen emsig vor sich hin, doch die Wirklichkeit spielt sich ohne sie ab. Aber die Jenaer wollen auch mal Wirkung zeitigen, Einfluss nehmen auf die reale Welt und diese steuern. So versuchen sie, sich zu einem ideologischen und ethischen Thema zu äußern, tun dies aber mit dem Werkzeug ihres Fachgebietes Biologie. Da kann nur Kuddelmuddel zustande kommen. Der Untertitel ihrer „Erklärung“ lautet zutreffend: „Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung“. Ob ein Haeckel sich irgendwas aus den Fingern sog und seine Nachfolger jetzt dagegenhalten, spielt für die Wirklichkeit keine Rolle. Ob Wissenschaftler in ihrem Studierzimmer voll hehrer Selbstverpflichtung künftig auf den Begriff „Rasse“ verzichten oder nicht, ist nach außen wirkungslos, den Dumpfbacken*innen-Stammtisch, auch mit Hochschulabschluss, beeindruckt das nicht. „Rassismus“ ist zu einem undefinierten Larifariwischiwaschilaber-Begriff vom Stammtisch der politisch korrekten Gutmenschen verkommen, gipfelnd darin, dass ein Manfred Riexinger es als Rassismus bezeichnete, wenn Vollverschleierung als zivilisatorisch absolut inakzeptabel betrachtet wird - „wer Rassist ist, bestimme ich!“ Ja, ich weiß: Ob ein PDS-Fuzzionär etwas daherblubbert oder in Afrika fällt ein Sack Hirse um - aber trotzdem.

Die „Jenaer Erklärung“ ist das Dokument eines Fluchtversuchs: raus aus dem Astronomen-Dilemma. Diese Sorte Arbeitnehmer verdient ihr Geld damit, den lieben langen Tag unverwandt in den Himmel zu gucken, um schlussendlich der nach Erkenntnis lechzenden Menschheit zu eröffnen, dass nun erstmals ein Planet namens K2-18b entdeckt worden ist, auf dem theoretisch, rein rechnerisch Leben möglich sein könnte: 110 Lichtjahre entfernt. Heißa, da klatschen wir vor Freude in die Hände: Wir sind also nicht allein - hallo, Nachbarn! Die sind, in profaner irdischer Maßeinheit, schlappe 1 Billiarde Kilometer jwd - eine 1 mit 15 Nullen dran. Sogar Jeff Bezos, Elon Musk, Richard Branson und Paul Allen selig könnten solch eine Reise nicht stemmen, selbst wenn sie ihre paar Kröten zusammenwerfen würden. Ein Raumschiff mit - utopischen  1 Mio. km/h wäre mehr als 100.000 Jahre unterwegs, um dorthin zu gelangen. Wer hat denn so viel Freizeit? Nicht mal Greta Thunberg. Apropos: Achtung, Flugscham - was ist mit der kosmischen CO2-Belastung?

Selbst wenn es menschliche Rassen gäbe (was ja lediglich ein Frage der Definition des Begriffs ist), müsste dies nicht zwangsläufig heißen, dass eine oder mehrere (vielleicht die degenerierten weißen Untermenschen?) als minderwertig gelten, nur weil ein paar unbelehrbare Spinner das behaupten. Ich habe nichts gegen Weiße, Schwarze, Braune, Gelbe usw., und ich erachte - Überraschung!  - niemanden als minderwertig (na ja, mal abgesehen von deutschen Pupsmusik-Nichtskönnern). Im Übrigen ist dies ohnehin nur ein an den Haaren herbeigezogenes Thema: Wann ergibt es sich schon, dass man sich darüber Gedanken macht, ob es menschliche Rassen gibt, und sich dazu äußert? Eigentlich so gut wie nie. Das tun ausschließlich Rassisten und Biologen. Ich jedenfalls habe Wichtigeres zu tun, und was kümmern mich andere Leute. Wer bestimmt denn die Richtung, wer trifft die Definitionen: die Deppen oder die Vernünftigen? Die Existenz der Geschlechter wird nicht bestritten, obwohl manche Männer (und Frauen) der Überzeugung sind, Frauen seien weniger wert und unfähiger als Männer. Genau das Gegenteil ist der Fall: Frauen taugen nur zum Ficken. Männer taugen zu gar nichts. Unzweifelhaft gibt es auch diverse Religionen. Dennoch heißt dies nicht, dass eine oder mehrere des Teufels (bzw. Schaitans) seien, was zuweilen einer bestimmten verleumderisch nachgesagt wird. Um das ein für alle Mal klarzustellen: Der Islam ist eine Religion wie jede andere auch. Genauso scheiße wie Christentum, Judentum, Hinduismus, Buddhismus usw.

Wie kamen die Jenaer bloß auf die Idee, sie könnten Verachtung und Hass mittels biologischer Erkenntnisse entkräften? Welcher Menschen Haut stärker oder geringer pigmentiert (klingt irgendwie drollig) ist; ob jemandes Hautfarbe darauf beruht, dass die Vorfahren Gemüse verzehrende Landwirte aus Anatolien (die ersten Gastarbeiter?) mit Sonnenschutzfaktor 50+ waren; ob die Exemplare der Gattung Mensch identische oder verschiedene Basenpaare (ich könnte mich beömmeln) intus haben, all dies ist nicht nur kein Beweis für Minderwertigkeit bzw. Überlegenheit, sondern damit braucht solcher Wahn auch nicht widerlegt zu werden. Dass Verachtung und Hass gegenüber „fremden“ Menschen falsch und inakzeptabel sind, bedarf keines biologischen Beweises. Das ist schlichtweg eine Sache von Vernunft und Anstand.

Nichtsdestoweniger will ich mich selbstverständlich dem aufgepfropften Zeitgeist fügen und das meinige dazutun. Aufgemerkt nun also: Es muss nicht nur der Begriff „Rasse“ aus dem Sprachgebrauch getilgt werden, sondern auch die Bezeichnung „Mensch“, denn diese impliziert nur eines: Dummheit - unendlicher als das Universum (gilt leider für sämtliche Rassen).

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