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Obarmen!

03.08.2008

Ich muss gestehen, allmählich wird mir Deutschland etwas unheimlich: Die PDS bekäme am nächsten Sonntag 12 %, und in Berlin strömten 200.000 Leute zusammen, um jemanden zu sehen, der für uns objektiv völlig bedeutungslos ist. Und der Rest der Republik wohnte dem epochalen Ereignis am Fernseher bei. Diese bizarre Veranstaltung erinnerte an Loch Ness: Alle wissen, dass es dort überhaupt nichts Besonderes gibt, aber dennoch rennen alle hin. Ein Besuch bei dem inexistenten Seeungeheuer ist natürlich insofern vorzuziehen, als es keine Reden hält (wäre auch nur Geblubbere). Um es klar zu sagen: Ist Herr Obama größenwahnsinnig? Der Mann ist nichts weiter als Senator von ... äh ... Illinois (nach hiesigem Maßstab somit nur ein besseres Bundesratsmitglied). „Aber er will doch Präsident der USA werden!“ Na und, wollen wollen viele vieles (was glauben Sie, was ich alles will - da käme ich gar nicht mehr weg von der Siegessäule). Weshalb also dieses Gedöns? Gewiss, er ist schwarz (so ein bisschen), aber wenn man weder Rassist noch Gutmensch ist, reißt einen das auch nicht gerade vom Hocker. Die Einzige, die in dieser abgedrehten Egobamania einen klaren Kopf behielt, war Frau Merkel, indem sie verhinderte, dass er für seine eitle Reklame-Show das Brandenburger Tor als Kulisse missbrauchte. Allein wegen seiner Impertinenz, seiner dreisten Anmaßung hat er es verdient, die Wahl zu verlieren. Wenn das mit 50%iger Wahrscheinlichkeit eintritt, kräht kein Hahn mehr nach ihm, dann ist er über Nacht away from the window, wie man in ... äh ... Illinois zu sagen pflegt. Dummerweise ist sein Konkurrent keine Alternative, sondern ein reaktionärer alter Sack, demgegenüber sogar dieser Herr Bush wie ein junger Wilder wirkt. Immerhin hat die Unsichtbarkeit des republikanischen Kandidaten, den hierzulande kaum jemand kennt, vergleichsweise etwas geradezu Sympathisches und Seriöses.

In London, das Herr Obama gnädigerweise mit einem Großangriff in der Speakers Corner verschonte, sprach er stattdessen mit dem Oppositionsführer. Da müssen wir ja dankbar sein, dass er in Berlin nicht Ossi Lafontaine und Gregor Gysi die Ehre antat (was sich in Anbetracht der politischen Entwicklung allerdings als strategisch kurzsichtig erweisen könnte, siehe oben).

Aber vielleicht wird er ja tatsächlich Präsident. Dann kommt er wieder nach Berlin. Nicht nur am, sondern auf dem Brandenburger Tor, mit einer Horde kreischender Cheerleader, die Kaugummi in die johlende Menge werfen. Wird uns bestimmt über den Albtraum hinwegtrösten, der uns nach der Bundestagswahl bevorsteht. Siehe oben.

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(03.08.2008)

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